Verantwortungsbewusst investieren

Beim verantwortungsbewussten Investieren denken viele zuerst ans Klima. Ein wichtiger Aspekt sind zum Beispiel auch die Menschenrechte. Wo Menschenrechtsverletzungen überhaupt auftreten können, wie PUBLICA sie vermeidet und was man als Einzelperson bewirken kann, erläutert Manuela Guillebeau, Nachhaltigkeitsspezialistin bei PUBLICA.

Den Dialog zu führen, hilft den betroffenen Menschen am meisten.

Manuela Guillebeau

Manuela Guillebeau kauft im Quartier ein.

Wo können Menschenrechts­verletzungen vorkommen?

Generell überall, auch im Portfolio von ­PUBLICA. Es gibt wahrscheinlich kein Land, dessen Geschichte in Bezug auf die Menschenrechte makellos ist. Zwischen den Ländern und zwischen den Firmen gibt es aber Unterschiede. Es gibt Branchen, die einem höheren Risiko für Verletzungen von Menschenrechten ausgesetzt sind. Oder bei Firmen, deren Lieferketten sehr lang sind, können Menschenrechtsverletzungen auch am Ende der Kette auftreten und sind nicht einfach zu verfolgen. Einem Bekleidungshersteller beispielsweise wurde Zwangs- und Kinderarbeit auf Baumwollplantagen vorgeworfen. Dieses Unternehmen hat ein System entwickelt, mit dem es genau zurückverfolgen kann, von wo die verwendete Baumwolle stammt. So kann die Firma ihre Lieferanten überprüfen und gezielt auswählen.

Was tut PUBLICA dagegen?

Zwei Mal pro Jahr durchleuchten wir unser ganzes Portfolio an Aktien- und Unternehmensanleihen und decken Verletzungen der normativen Basis auf. Diese Basis umfasst im Wesentlichen Schweizer Gesetze und ratifizierte internationale Abkommen. Wir konzentrieren uns dabei auf die systematischen und schwerwiegenden Fälle. Oder auf die grossen Firmen einer Branche, weil diese eine Vorbildfunktion für die anderen haben. Der Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK-ASIR), den PUBLICA mitgegründet hat, sucht in unserem Auftrag und im Namen anderer grosser Schweizer Investoren den Kontakt zum betroffenen Unternehmen. Im Vordergrund stehen die Fragen: Wie kam die Verletzung zustande? Was braucht es, damit sie nicht mehr vorkommt? Viele Firmen reagieren positiv und sind offen für eine Zusammenarbeit. Zu Beginn des Dialogs werden jeweils konkrete und messbare Ziele vereinbart, die fortlaufend überprüft werden. Bei den Unternehmen, mit denen wir im Dialog sind, üben wir zusätzlich unsere Stimmrechte aus. Wenn Unternehmen den Dialog verweigern oder es im Thema nicht vorwärtsgeht, werden die Firmen aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen. Im Herbst 2021 kamen so fünf Firmen zusätzlich auf die Ausschlussliste. Hersteller von kontroversen Waffen (Streu­munition, Personenminen, Nuklearwaffen) werden direkt ausgeschlossen.

Gibt es ein spezielles Vorgehen für Schweizer Firmen?

Die Firma Inrate führt im Auftrag von ­PUBLICA den Dialog mit Schweizer Firmen zu unterschiedlichen ESG-Themen. Die Sorgfaltspflichten bei den Menschenrechten sind eines davon. Zudem nehmen wir seit 2006 unsere Stimmrechte wahr. Das Ausüben der Stimmrechte bei Schweizer Firmen ist seit 2014 für alle Pensionskassen Pflicht. 

Wie gelangen Wertschriften, zu denen PUBLICA den Dialog suchen muss, überhaupt ins Portfolio?

«Nicht alle Eier in einen Korb legen». Daran hält sich auch PUBLICA und strebt mit ihrer Anlagestrategie eine breite Diversifikation an, um das Verhältnis von Rendite und Risiko zu optimieren. Deshalb investiert PUBLICA in eine sehr grosse Anzahl Firmen, trifft die Anlageentscheide anhand von Marktindizes und überprüft nachher die einzelnen Firmen. 

Liesse sich der Aufwand für den Dialog nicht reduzieren, indem PUBLICA vor dem Investieren gewisse Grundsatzentscheide fällt?

Im Dialog mit den Firmen können wir etwas bewirken und das Verhalten der Firmen positiv beeinflussen. Das hilft den betroffenen Menschen unter Umständen mehr, als Firmen direkt auszuschliessen oder gar nicht erst zu investieren. Auch wenn es manchmal lange dauert, bis Verbesserungen sichtbar werden. Zurzeit überlegen wir uns, wie wir mit dem Thema Staatsanleihen umgehen wollen. Das gehört zu unserem Bekenntnis, dass wir uns beim verantwortungsbewussten Investieren laufend verbessern wollen.

Was kann man als Einzelperson ­bewirken?

Als Konsumentinnen und Konsumenten haben wir eine Macht mit unseren Kaufentscheiden. Es hilft, sich zu fragen: Wo kommen meine Kleider her, meine Schokolade oder die Rohstoffe für mein Handy? Oder noch besser: Brauche ich das Produkt überhaupt? Kann bei diesem Preis alles mit rechten Dingen zugehen? Wer weitergehen möchte, befasst sich mit Labels. B Corp zeichnet Firmen aus, die auf freiwilliger Basis gewisse Kriterien erfüllen und Wert für alle schaffen wollen. Non-Profit-Organisationen wie Amnesty International oder Human Rights decken immer wieder Fälle von Menschenrechtsverletzungen auf.